Es gibt Orte auf dieser Welt, die auf Grund ihrer Vergangenheit eine ganz spezielle Ausstrahlung haben. Da ist z.B. eine Straße in Los Angeles, die sich diesen Ruf schmerzlich verdient hat.
Der Mulholland Drive ist die geheimnisvolle Legende unter den Straßen der Filmstadt. Anders als der Sunset-Boulevard verläuft er hauptsächlich außerhalb der Metropole und war zu Zeiten seiner Erbauung eher als Landerschließungsprojekt angedacht.
Den Blick auf das San Fernando Valley oder auf die nächtliche Downtown von Los Angeles kennt nahezu jeder, der in den letzten 50 Jahren amerikanische Filme gesehen hat. Ähnlich wie die Skyline von New York ist sie ein immer widerkehrendes Motiv für Hollywoodregisseure.
Allein der Erbauer, William Mulholland, ist eine L.A.-Legende. Er war verantwortlich für das Los Angeles-Aquädukt, welches der kalifornischen Wüstenstadt permanenten Zugang zum Wasser sicherte und somit für deren wirtschaftlichen Aufschwung verantwortlich ist. Mulholland selbst fiel bei der Bevölkerung später in Ungnade, als einer seiner Staudämme brach und hunderten Menschen das Leben nahm. Der von John Huston im Filmklassiker Chinatown (USA, 1974) gespielte Hollis Mulray ist ganz sicher eine Anspielung auf William Mulholland.
Seine durchgängig zweispurige Straße war Zeugnis und Austragungsort unzähliger illegaler Autorennen, zu deren Teilnehmern auch James Dean gehörte (dem diese Freizeitbeschäftigung schließlich das Leben kostete). Außerdem reihen sich hier die Millionärs-Villen aneinander wie Pflastersteine. Unzählige Hollywoodstars hatten und haben ihr Domizil auf dem Mulholland Drive, von Marlon Brando, über Jack Nicholson bis hin zu Sylvester Stallone hat die Beliebtheit der Straße über Generationen nicht abgenommen.
In neuester Zeit wurde der Highway besonders in L.A. Crash (USA, 2004) und Mulholland Drive – Straße der Finsternis (USA/Frankreich, 2001) thematisiert. Wobei sich der Erstgenannte eher auf den neuzeitlichen Realismus konzentriert und der Andere dem okkulten Geist der Straße nachspürt. Denn sie birgt auch dunkle Geheimnisse.
Immer wieder findet man Leichen (vor allem die, junger Mädchen) in den unzähligen, teils kaum erschlossenen Seitentaschen des Mulholland Drive. Die einzelnen Geschichten hinter diesen grausigen Funden sind, jede für sich, erschütternd und unbegreiflich – und scheinen eher Filmen als der Wirklichkeit zu entspringen. Von korrupten Politikern und Polizisten bis hin zu Mafia-Morden findet man hier alles. An dieser Stelle ist der Polizeifilm Mulholland Falls – Nach eigenen Regeln (USA, 1996) zu erwähnen, der sich speziell dieser Thematik annimmt.
Auch die Musik-Welt wurde durch den Mulholland Drive inspiriert. Erwähnenswert sind hierunter LA Woman von The Doors, Dead Man’s Curve von Jan & Dean und Electrolite von REM – doch das sind bei weitem nicht alle.
Manche Orte brauchen mehr als einen Stadtplan um erkennbar zu sein.
P.S. Wer sich für dieses Thema interessiert, sollte den Dokumentarfilm Mulholland Drive – Ein Hollywood Mythos, von Eckhart Schmidt nicht versäumen.