Jules und Jim

[ Jules et Jim ]

Platz 96
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(Frankreich, 1962)

Regie: François Truffaut
Drehbuch: François Truffaut & Jean Gruault
Kamera: Raoul Coutard
Musik: Georges Delerue
Schnitt: Claudine Bouché
Produktion: Marcel Berbert

Darsteller: Jeanne Moreau, Oskar Werner, Henri Serre, Marie Dubois, Sabine Haudepin, Vanna Urbino, Boris Bassiak, Jean-Louis Richard & Michel Subor (als Erzähler)

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Jules und Jim ist ein Film über die Liebe.

Sein Regisseur, François Truffaut, war einer der großen Revolutionäre des Kinos. Als Wortführer der französischen Nouvelle Vague wollte er die Art und Weise einen Film zu drehen verändern – erneuern. Jules und Jim ist sein dritter Spielfilm, nach Sie küssten und sie schlugen ihn und Schießen Sie auf den Pianisten lieferte er nun bereits zum dritten Mal etwas ab, dass niemand von ihm erwartete. Und kaum ein Regisseur in der Filmgeschichte hatte, im Nachhinein betrachtet, eine grandiosere Anfangsphase.
Truffaut war 30 Jahre alt als er Jules und Jim drehte – und er war verliebt in seine Hauptdarstellerin Jeanne Moreau; was sich als Glücksfall erwies, denn Truffauts Blick auf „die Frau“ ist bis heute einmalig, magisch und außergewöhnlich.

Das Drehbuch basiert auf der gleichnamigen literarischen und autobiografischen Vorlage von Henri-Pierre Roché, der mit diesem Werk der Dreiecksbeziehung zwischen ihm selbst, seinem Schriftstellerfreund Franz Hessel und dessen späterer Ehefrau Helen Grund ein Denkmal setzen wollte.

Und genau darum geht es: Jules ist Deutscher, Jim ist Franzose und beide lernen sich im Paris der Belle Epoque, im Jahre 1912 kennen. Sie sind das, was man Intellektuelle nennen könnte. Sie haben dieselben Interessen: die Kunst, das Schreiben, das Philosophieren. Sie werden Freunde – aufrichtige und wahrhaftige Freunde. Sie teilen alles und dann tritt Catherine in ihrer beider Leben. Eine Frau gleich einer Sphinx: rätselhaft, beängstigend, inspirierend.
Und dann kommt der Erste Weltkrieg.

Der Film hat viel mehr verändert als man sich klar macht – die Dreiecksgeschichte, Liebe im Krieg, das Drama der Ehe. Alles nicht neu, aber: niemals vorher und niemals seitdem sind diese Themen so federleicht und metaphorisch miteinander verbunden worden.

Die Kameraarbeit von Raoul Coutard ist atemberaubend – das wird auf einer großen Leinwand erst richtig deutlich; die Tiefenschärfe und Reinheit seiner Bilder ist buchstäblich epochal! Die Schnitte sind fantastisch, lauter kleine Lehrstücke für junge Filmemacher! Auch, und vor allem, Töne, Klänge und Musik sind so grandios in den Film eingebunden, dass er ein unverzichtbares Werk bleibt, vor allem für Nachwuchsregisseure.
Man kann unsagbar viel Inspiration aus diesem Film ziehen: Truffaut war ein Meister seines Fachs und sein Film sprudelt über vor Ideen, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Jules und Jim ist ein Film über die Liebe. Vermutlich einer der erwachsendsten und intelligentesten, die je zu diesem „Thema“ gemacht wurden. Das sollte aber niemanden abschrecken, denn wie die Liebe selbst offenbart uns der Film mannigfaltige Facetten!
Man sollte sich trauen und ihn zu Ende anschauen, denn einen Film wie Jules und Jim wird es leider, aber ganz sicher, nie wieder geben.

Anm.d.Red.: So schwer es dem Einen oder Anderen fallen mag, der Film ist im französischen Original um einiges schöner und auf Grund des sehr speziellen Einsatzes von Sprache und Ton schwer zu synchronisieren.

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