Der Spiegel
[ Serkalo ]
Platz 93
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(UdSSR, 1975)
Regie: Andrej Tarkowski
Drehbuch: Alexander Mischarin & Andrej Tarkowski
Kamera: Georgi Rerberg
Musik: Eduard Artemjew
Schnitt: Ljudmila Feiginowa
Produktion: Erik Waisberg
Darsteller: Margarita Terechowa, Ignat Danilzew, Anatoli Solonizyn, Alla Demidowa, Nikolai Grinko, Oleg Jankowski, Filipp Jankowski, Juri Nasarow, Juri Swentikow & Larissa Tarkowskaja
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Andrej Tarkwoskis vierter Spielfilm, Der Spiegel, ist ohne Zweifel das, was man einen Kunstfilm nennen kann. Aber was heißt das schon? Es bedeutet, dass es sich hierbei um einen Film handelt, den man sich nicht in der Absicht ansehen sollte unterhalten zu werden.
Das wiederum sollte einem vorher gesagt werden, denn die Interessen von Filmfans und Kinogängern lassen sich heutzutage in zwei Hauptlager unterscheiden: Die Einen sehen in Filmen ein Kunst-, die Anderen ein Unterhaltungsmedium. Wir vom Filmolymp, kennen gute Filme aus beiden „Kategorien“ und sehen uns selbst in der Pflicht, wirklich jeden Film unvoreingenommen auf seine Wirkung hin zu testen. Kurzum: Manche Filme sind leicht bekömmlich, mit anderen muss man sich aufmerksam beschäftigen (vielleicht sogar Hintergrundwissen erwerben). Na und?
Tarkowski war als Regisseur ein wahrer Künstler, mit allen damit einhergehenden Geistesblitzen und Profilneurosen. Sein Gesamtwerk ist, für viele Cineasten, eines der spannendsten und komplexesten Kino-Vermächtnisse überhaupt. Jeder seiner (nur) sieben Spielfilme ist mit ihm selbst und seinem Leben verknüpft und im Gegensatz zu vielen, heute verehrten Filmemachern, hatte Tarkowski eine wirkliche Vision. Er begab sich 1962, mit seinem Debüt-Film Iwans Kindheit auf die Suche nach dem Unterbewusstsein, nach der Erinnerung, nach den Antworten auf die Fragen des Gedächtnisses. Jeder seiner Filme ist von diesen Themen durchtränkt und Tarkowskis Art ein Regisseur zu sein ähnelte eher der eines fotografierenden Schriftstellers mit musikalischem Trauma.
Nach seinem, oben angesprochenen, Erstlingswerk drehte er zwei weitere Meilensteine der Filmgeschichte: Andrej Rubljow (1966) und Solaris (1972). Jedem dieser Filme wurde das Erscheinen, von Seiten sowjetischer Behörden deutlich erschwert; dennoch gewannen sie Preise und Anerkennung im Ausland; und wirklich jeder dieser Filme hätte es verdient in unserer Liste der 100 Gute Filme aufzutauchen! Es macht auch gar keinen Sinn nach dem Zugänglichsten zu suchen, denn jedes von Andrej Tarkowskis Werken ist hoch philosophisch und im wahrsten Sinne tief greifend.
Der Spiegel befindet sich sozusagen exemplarisch für Tarkowskis filmisches Lebenswerk in unserer Liste: Ein Film wie eine Bildersammlung aus Träumen und Erinnerungen. Er berührt das Metaphysische und bedient sich hierbei der literarischen Erzählstruktur des Bewusstseinsstroms.
Es geht, im Groben, um einen Mann, der sich erinnert – vermutlich auch deshalb, weil er im Sterben liegt. Dabei vermischen sich ehemalige Träume und Eindrücke mit persönlichen und zeitgeschichtlichen Erinnerungen. Die Szenen die wir sehen, sind autobiographisch geprägt und lassen direkten Bezug zu Tarkowskis Leben zu (aus dem Off hören wir unter anderem vertonte Gedichte seines Vaters), sie stehen aber auch stellvertretend für die soziologische, und man kann sagen nahezu traumatische, Entwicklung der russischen Gesellschaft im zeitlichen Umkreis des Zweiten Weltkriegs.
Die vermutlich beste Herangehensweise an diesen Film ist folgende: Man stelle sich vor, im Moment des Todes zieht wirklich das eigene Leben in Form von Bildern an einem vorbei – in Der Spiegel hat man Zeit sich diese Bilder anzuschauen.
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